Aufzeichnungen von Pierre

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Pierre van Jansen
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Aufzeichnungen von Pierre

Beitragvon Pierre van Jansen » Dienstag 17. Dezember 2013, 17:55

Ich habe schon ewig nichts mehr geschrieben - aber mir wurde gesagt, dass es vielleicht helfen könnte, als Ersatz für Gespräche, die ich nicht führen darf. Es ist schon komisch... die letzten fünf Jahre durfte ich nicht darüber reden, was ich im SGC erlebt habe. Und nun darf ich kaum darüber reden, was ich die letzten fünf Jahre erlebt habe. Ob ich überhaupt darüber schreiben darf? Keine Ahnung, aber irgendwie muss ich es einfach raus lassen. Vielleicht schreibt irgendwann mal jemand ein Buch darüber... Haha.

Vor fünf Jahren habe ich mich versetzen lassen. Ich habe es im SGC einfach nicht mehr ausgehalten, es ist so vieles schief gegangen. Ich wollte wieder ein „normales" Leben führen. Da ich nie eine technische Verwendung in der Air Force hatte, haben sie mich als Sicherungssoldaten eingesetzt - aber wieso auch nicht? Es ist eine relativ entspannte Aufgabe, solange nichts passiert. Und das ohnehin eher die Regel. Aber ich hätte niemals damit gerechnet, schon nach ein paar Wochen in den Einsatz geschickt zu werden. Die Reise ging nach Bagram Air Field, größter Stützpunkt in Afghanistan und zugleich auch größter Flugplatz. Das klang für mich zunächst nicht sonderlich gefährlich, aber ich merkte schnell dass das eine Fehleinschätzung war. Das mit dem „normalen" Leben hatte sich für die nächsten sechs Monate dann auch erledigt.

Ich habe mich schnell in die Truppe eingelebt, wir sind auch größtenteils unter uns geblieben. Mit den Typen von der Army hatten wir kaum etwas zu tun. Ich habe dort wirklich einige gute Kameraden kennen gelernt und zunächst war es auch eher eine Art... Abenteuer. Keiner von uns hat das so richtig ernst genommen. Immer hin waren die Jungs von der Army diejenigen, die raus gefahren sind. Jedenfalls war es meistens so. Aber was die Zuständigkeiten und Aufgabengebiete anging wurde manchmal eine Menge gedreht, damit es gepasst hat. Gemerkt habe ich dies das erste Mal, als ich auf einmal in meiner dienstfreien Zeit von meinem Vorgesetzten den Befehl bekam, mich für einen Einsatz bereit zu machen. Unterstützung einer Einheit im Feuergefecht per Hubschrauber, wie sich später rausgestellt hat. Und wofür war die Army dann da? Aber gut. In solchen Situationen sind solche Ausnahmen eher die Regel, wie ich mit der Zeit feststellen durfte. Und um ehrlich zu sein.... es war auch abwechslungsreicher als den ganzen Tag Wache zu haben und darauf zu warten, dass etwas passiert. In der nächsten Zeit wurden diese Einsätze sehr viel regelmäßiger und ich meine... Klar, durch meine Zeit im SGC habe ich reichlich Erfahrung im Gefecht sammeln können. Aber das war etwas ganz anderes, daran konnte ich mich nie richtig gewöhnen. Vor allem aber auf andere Menschen das Feuer zu eröffnen.... Ich weiß nicht, in meiner Zeit im SGC ist mir der Gebrauch der Schusswaffe leichter gefallen.

Ein trauriger Punkt war dann eine solche Evakuierungsmission einige Wochen später. Gerade als wir landeten und die LZ gesichert haben, sind wir in einen Hinterhalt geraten. Einen der Jungs von der Army hat es erwischt, aber auch einen der Taliban. Ich habe instinktiv das Feuer eröffnet und ihn tödlich verwundet. Die übrigen haben sich danach zurück gezogen. Danach war ich ziemlich verschlossen und bin die nächsten Tage für mich alleine geblieben, bis ich mit einem guten Freund - Staff Sergeant Wilkins - darüber reden konnte. Glücklicherweise ist mir dabei klar geworden, dass ich nicht hätte anders handeln können. Ansonsten hätte es mich wohl ewig verfolgt. Es ging die nächsten Monate so: Hauptsächlich Wache, zwischen durch Evakuierungen. Aber diese sind glücklicherweise ohne Todesfälle auf unserer Seite verlaufen.

Und dann waren die sechs Monate auch vorbei und es ging wieder nach Hause. Aber ich hatte dort so meine Probleme, ich habe mich einfach nicht wohl gefühlt, sondern wie ein Fremder. Von meinem Stützpunkt aus war meine Familie ohnehin weit weg und zu den Kameraden aus dem SGC hatte ich auch kaum noch Kontakt. Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, dass ich möglichst wieder in den Einsatz komme. Und das hat tatsächlich auch geklappt. Die nächsten fünf Jahre war ich, mit kurzen Unterbrechungen, fast durchgehend in Bagram. Ich habe dort noch viel schlimmere Dinge erlebt als einen Menschen erschießen zu müssen. Doch das werde ich eventuell an anderer Stelle weiter ausführen.
Das mit Abstand schlimmste Ereignis betrifft aber Staff Sergeant Wilkins, welcher auch viel Zeit in Bagram verbracht hat. Kurz vor dem Ende unseres letzten Einsatzes hat es ihn erwischt. Wir waren als Wachposten eingeteilt, in einem kleinen Außenposten vor Bagram. Zwei Wochen waren es gewesen und nichts ist passiert, was uns irgendwie beunruhigt hat. Es war fast als ob wir es geahnt hätten, dass wenige Tage vor unserem Abzug zwei zivile Fahrzeuge auf den Außenposten zurasten. Uns war sofort klar was Sache war und meine Kameraden und ich eröffneten das Feuer - allerdings zu spät. Eines der Fahrzeuge raste noch auf das Tor zu und traf die Mauer, ehe es explodierte. Das andere kam von der Straße ab. Zunächst sah es so aus, als ob wir noch glimpflich davon gekommen waren, aber das galt nicht für Wilkins. Ich habe in dieser Nacht einen sehr guten Freund verloren. Er hinterließ eine Frau und eine kleine Tochter.

Wenige Tage später ging es nach hause. Aber ich wollte nicht mehr zurück, nicht nach Bagram. Ich habe zuvor nie einen so guten Freund und Kameraden verloren. Ein Schmerz, wie ich ihn zuvor noch nie kennen gelernt habe. Ich habe wieder um keine Versetzung ins SGC gebeten und meinen massenhaft angesammelten Urlaub in Anspruch genommen - zwei Monate. Glücklicherweise fiel in diese Zeit auch der Auszug meiner Mieter aus meinem Haus in Colorado Springs. Ich wusste natürlich nicht, ob ich dorthin zurück kommen würde. Aber ich habe meinen Urlaub genutzt, um dieses alte Stück Heimat, dass ich mir in den Jahren vor Bagram aufgebaut habe, zu genießen. Kurz bevor mein Urlaub endete, bekam ich schließlich eine Nachricht des Oberkommandos. Mein Versetzungsantrag wurde bewilligt. Ich habe mich gefreut. Ich habe gedacht, dass ich einige alte Freunde und Kameraden wieder treffen würde. Ich wurde sogar in mein allererstes Team, SG-4, versetzt. Doch ich habe mich erschrocken: Bis auf den Kommandanten, Colonel Cant, war keines der alten Teammitglieder mehr dort. Ich habe sofort wieder gemerkt, wie fremd ich hier doch eigentlich bin und ich fühle mich heute noch so. Aber soll ich stattdessen wieder einen Rückzieher machen? Nein. Ich muss mich mit der Situation arrangieren.

Die letzten Wochen waren dabei wirklich hart. Ich bin zwar noch nicht lange zurück. Aber ich habe das Gefühl, als ob es eine lange Zeit so bleiben wird. Ich fühle mich immer noch mit meinem Kameraden aus Bagram verbunden, sehr sogar. Diese Kameradschaft vermisse ich hier sehr. Ich kann auch mit niemandem wirklich darüber reden. Naja... Seit kurzem eigentlich schon. Ich habe wieder eine Frau kennen gelernt. Sie ist besonders, in jeder Hinsicht und ich habe mich schnell zu ihr hingezogen gefühlt. Ihr ging es wohl auch so. Denn es ist nach kurzer Zeit schon sehr ernst geworden.... Ungewohnt, nach all den Jahren. Aber sie hilft mir ein Stück weit, mich hier nicht mehr so fremd zu fühlen. Sie ist ein wunderbarer Mensch und ich bin froh, dass ich sie kennen gelernt habe, auch wenn es anfangs... etwas schwierig war. Ich hoffe nur, dass es dieses Mal endlich klappt.

In den nächsten Wochen werde ich nach Washington fahren. Wilkins kam von dort, er hätte vor kurzem Geburtstag gehabt. Ich möchte gern seine Familie besuchen. Ich weiß nicht wieso, ich möchte es einfach. Vielleicht hilft es mir und vor allem hoffe ich dass es seiner Frau und seiner Tochter hilft. Zum Glück kommt meine Freundin mit - sonst würde es mir wohl noch schwerer fallen.

Ansonsten... Keine Ahnung. Ich war nie der geborene Autor.

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